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Howto: „Computertruhe“-Standort gründen („Fediverse“-Style)

Würdest du gerne in der Computertruhe aktiv werden, es gibt aber keinen Standort in deiner Region? Ich möchte vorstellen wie einfach es sein kann, einen neuen Standort zu gründen. Als Beispiel hierzu erzähle ich, wie wir es in München gemacht haben.

Einfache Grafik bestehend aus einer simplifizierten Karte Deutschlands, in der alle derzeit aktiven Standorte, elf an der Zahl, eingezeichnet sind.

tl;dr:

  • Selbst Mitglied werden
  • Werbung machen im Fediverse oder in anderen sozialen Netzwerken
  • Werbung machen in der lokalen Hacker- und Makerszene (optional)
  • Liste interessierter Personen erstellen
  • (Online-)Meeting organisieren
  • Mit mindestens zwei weiteren Personen den Standort gründen

Aber zuerst ein paar Fakten vorweg. Was sind die Voraussetzungen für einen neuen Standort?
Die grundsätzliche Bedingung hierfür ist eine Mindestanzahl von drei Vereinsmitgliedern in der Region. Hintergrund: Falls ein Mitglied beschließt den Verein zu verlassen, müssen andere Mitglieder eventuell eingelagerte Hardware des Vereins übernehmen. Bei einzelnen Mitgliedern, die weit voneinander entfernt wohnen, wäre das gegebenenfalls eine sehr aufwändige Aktion, die wir mit der Mindestanzahl verhindern wollen. Wie auch in vielen anderen Bereichen des Lebens, ist es aber auch einfach deutlich besser, andere Personen möglichst nah bei sich zu haben, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Eine zweite, eher lose Regel: Wir möchten nicht in Konkurrenz zu anderen Organisationen mit dem gleichen Ziel treten. Vor einer Standortgründung gilt es zu recherchieren, ob es in der Region bereits eine Organisation gibt, die inhaltlich dasselbe macht wie die Computertruhe. Ein bereits existierender anderer Verein vor Ort muss zwar kein Ausschlusskriterium für eine Standortgründung sein, es kann aber unter Umständen sinnvoller sein, sich einer bereits etablierten Organisation anzuschließen, oder sie zumindest zu kontaktieren und von den eigenen Plänen zu erzählen – wir haben ja schließlich das gleiche Ziel!
Beispiel München: Uns war zum Zeitpunkt der Gründung keine aktive Organisation bekannt, die etwas Ähnliches macht. Wir haben erst später erfahren, dass quasi gleichzeitig der Münchner Ableger von HEY, ALTER! entstand. In diesem Fall gibt es aber auch keinen Konflikt zwischen uns, da es in einer Großstadt wie München mehr als genug gebrauchte Geräte für zwei Organisationen gibt und sich die Empfängergruppen unterscheiden. HEY, ALTER! gibt Geräte vorwiegend an bedürftige Schüler*innen aus, die Computertruhe auch an erwachsene bedürftige Personen und gemeinnützige Organisationen. Warum wir das so machen, ist vielleicht mal einen eigenen Artikel wert. Ob es nun bereits jemanden vor Ort gibt, der Ähnliches macht, kannst du z. B. auf technikspende.de nachschlagen. Die Karte erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, also hör dich am besten ebenfalls in der Hacker- und Makerszene um, wenn es bei dir eine gibt.

Aber jetzt zum Thema. Wie habe ich andere Mitglieder für eine Standortgründung gewinnen können?
Ich war 2021 schon einige Zeit passives Mitglied bei der Computertruhe, weil es in München keine weiteren Mitglieder gab. Mit den Problemen der Pandemie wuchs überall der Bedarf an Laptops und ich wollte mich endlich auch praktisch beteiligen. Ich war sehr aktiv auf Mastodon, also war das für mich die naheliegendste Möglichkeit, dort Werbung für den Verein zu machen. Ich habe einfach gefragt, ob nicht ein paar Menschen Lust hätten, mit mir einen Standort zu gründen.
Es haben sich mehr Leute als erwartet bei mir gemeldet und ich habe einen Termin für eine Videokonferenz organisiert. Wir waren ca. sieben Personen im Meeting und haben mit mir als einziges Mitglied überlegt, wie so ein Standort in München aussehen könnte. Es hat, glaube ich, keine Stunde gedauert und wir waren uns einig, dass wir einen Standort gründen wollen. Fünf weitere Personen wurden Vereinsmitglied und wir konnten starten.

Das Schöne daran für mich persönlich war, dass ich zwar den Anstoß für unseren Standort gegeben habe, außer der Organisation dieses ersten Meetings musste ich aber keine weitere Verantwortung übernehmen. Das bedeutet die Mitglieder eines Standortes müssen keine besonderen Posten im Verein bekleiden, wie z. B. Vorstand, Kassenwart, oder Ähnliches – können dies aber natürlich, wenn sie möchten.

Wenn du jetzt auch loslegen möchtest, geht das aber auch etwas zentraler koordiniert. D. h. du kannst dich gerne erst mal über das Kontaktformular melden und dein Vorhaben beschreiben. Du kannst interessierte Personen, die sich dann melden, ebenfalls auf die Website oder unsere Mastodon-Accounts hinweisen, sodass eine Liste von potentiellen Mitgliedern auch vom Verein/Vorstand geführt werden kann. Haben sich ein paar Personen gefunden, kann ein erstes Online-Treffen auch vom Vorstand organisiert und begleitet werden. Hierfür verwenden wir die Plattform Senfcall, die auf dem Open Source-Webkonferenzsystem BigBlueButton basiert.
Weiterhin können wir die Reichweite unserer Mastodon-Accounts nutzen, um neue Mitglieder in der Region zu finden.
Reichweite in Sozialen Netzwerken ist gut, aber es lohnt sich auch lokal in thematisch nahen Organisationen, die Computertruhe vorzustellen. Hast du in der Region einen CCC-Hackerspace oder ein Makerlab, so wäre es hilfreich, diese zu kontaktieren. Ich war beispielsweise lange Zeit Mitglied im Munich Maker Lab und auch heute gibt es noch eine gute Verbindung zwischen den zwei Vereinen und mehrere Personen, die in beiden Mitglied sind.

40 Laptops für die „Computertruhe” München

Auch wenn es bereits über ein halbes Jahr her ist, möchten wir euch dennoch nicht vorenthalten, dass unser Mitglied Werner damals 40 Business-Laptops bei der Firma SCREEN SPE Germany GmbH für den Standort München abholen durfte.

Foto eines weihnachtlich geschmückten Tresens, auf dem sich mehrere Stapel mit Laptops befinden.
Das sind die Laptops (Foto mit freundlicher Genehmigung der „SCREEN SPE Germany GmbH“).

Bei der Übergabe waren nicht nur der Azubi, der mit viel Elan die Laptops für die Übergabe vorbereitet hat, sondern auch der Geschäftsführer der Firma und weitere Mitarbeiter*innen zugegen.

Foto von fünf lächelnden Personen, die neben einem Tresen stehen, auf dem sich einige Stapel mit Laptops befinden.
Geschäftsführer (in der Mitte), Azubi (zweiter von rechts), unser Mitglied Werner Hülsmann (zweiter von links) und zwei weitere Mitarbeiter*innen des Unternehmens (Foto mit freundlicher Genehmigung der „SCREEN SPE Germany GmbH“).

Mithilfe dieser Laptops konnte die Ausgabewarteliste des Computertruhe-Standorts München deutlich verkürzt werden, wofür wir uns herzlich bedanken.

1 Jahr aktiv bei der „Computertruhe“

Seit einem Jahr engagiere ich mich nun bei der Computertruhe, darüber möchte ich ein bisschen aus persönlicher Sicht erzählen.

Was ist die Computertruhe?

Ein gemeinnütziger Verein, der gebrauchte Computer-Hardware von Unternehmen und Privatleuten annimmt, aufbereitet und an bedürftige Menschen, sowie andere gemeinnützig Organisationen weitergibt. Dabei werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen:

  • noch funktionsfähige Hardware wird vor der Verschrottung bewahrt, was die Umwelt entlastet
  • Menschen erhalten Geräte, die sie sich sonst nicht leisten könnten und damit Zugang zu Bildung, Informationen und sozialer Interaktion

Warum machst du das?

In erster Linie natürlich, weil es eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung ist, bei der man etwas für die Gesellschaft tut – ein Ehrenamt eben. Ich habe mich schon immer in verschiedener Form so engagiert, das ist mir wichtig. Bevor ich zur Computertruhe gestoßen bin, war ich einige Zeit auf der Suche nach einer neuen passenden Organisation, in der ich mich einbringen kann.

Ein kurzer Versuch das politisch in einer Partei zu tun, hat mich schnell frustriert. Diese Rivalität, ja fast schon Hass, der selbst in der untersten Parteistruktur gegenüber dem politischen „Gegner“ existiert, kombiniert mit Ideenlosigkeit und Unvermögen, auch nur kleinste Dinge umzusetzen – das ist nicht mein Ding! Wenn ich meine Zeit für etwas einsetze, dann muss auch irgendwas dabei raus kommen.

Zu dem Zeitpunkt war ich schon einige Zeit passives Mitglied bei der Computertruhe, die kannte ich von Mastodon und fand ich gleich interessant. Leider gab es keinen Standort in München und ich war das einzige Mitglied in der Region. Irgendwie hat es sich dann aber ergeben (auch auf Mastodon), dass sich noch ein paar Leute gefunden haben, sodass wir im Mai 2021 einen Ableger in München gründen konnten.

Macht das Spaß?

Ja natürlich! Ohne Spaß kann man kein Ehrenamt machen, zumindest nicht langfristig.

  • Ich habe viele tolle neue Leute kennen gelernt. Vereinskolleg*innen, Menschen die Geräte spenden und erhalten, und andere gemeinnützige Vereine, die wir bei ihrer Arbeit mit Hardware unterstützen können.
  • Die Arbeit ist ganz offensichtlich sinnvoll und man sieht ganz konkret die Auswirkungen davon.
  • Ich habe eine Menge dazu gelernt, was Hardware und Software angeht. Jeder Rechner ist anders und so gut wie jedes Gerät hat irgendein kleines Problem, dass es zu lösen gilt. Oft wissen die vorigen Besitzer gar nichts davon. Verschlissene Festplatten und verstaubte Lüfter gehören zu den typischen Problemen, aber auch aufgeblähte Lithium-Akkus oder ein Homöopathie-Globulus, das eine Taste blockiert findet man – es gibt immer einen Fehler den man noch nicht kennt. Es wird nicht langweilig!
  • Findet man einmal keine Lösung zu einem Fehler im Netz, stehen einem die Vereinskolleg*innen zur Seite.
Eine Laptop-Tastatur, bei der die Tastenkappe der Minustaste fehlt. Neben dem Rubber-Dome liegt ein Zuckerglobulus.
„Haben Sie’s schon mit Globuli versucht?“ – „Ja, aber das hat alles nur noch schlimmer gemacht!“

Kann ich das auch?

Zwar habe ich mich schon immer für Rechner interessiert, selbst an Hardware gearbeitet oder Betriebssysteme installiert und eingerichtet habe ich vor der Computertruhe aber kaum. Die Prozesse sind bei uns gut in einem Wiki dokumentiert, und es gibt immer jemanden, den man fragen kann. Alle Standorte freuen sich über tatkräftige Unterstützung, auch wir in München! Dabei kann sich jeder mit so viel Zeit einbringen wie sie/er aufbringen kann und will, es gibt kein Mindestpensum.

Ein Schreibtisch, auf dem sich ein geöffnetes Laptop befindet. Drumherum liegen u. a. diverse Werkzeuge, Schrauben, Kabel und Hardware-Komponenten.
Dass man einen Laptop so weit auseinanderbauen muss, wie hier, kommt zum Glück nur sehr selten vor.

Braucht ihr Geld?

Abgesehen von neuen aktiven Mitgliedern, freuen wir uns auch immer über finanzielle Hilfe. Mit Geldspenden können Lagerräume und selten gespendete Hardware finanziert werden. Besonders SSDs sind immer Mangelware: Unternehmen spenden häufig Geräte ohne Datenträger, Festplatten sind häufig nicht mehr gut genug, um sie guten Gewissens noch einmal verwenden zu können.

Ich konnte in den letzten Monaten nur ca. 40 % der gespendeten Festplatten weiter verwenden, den Rest musste ich wegen Fehlern bzw. Warnungen in den SMART-Werten aussortieren und entsorgen (nach sorgfältigem Löschen bzw. Zerstören).

Auf einem Boden steht ein offenes Desktop-Gehäuse, das mit „Löschstation“ beschriftet ist. Auf diesem steht ein Bildschirm, der die Oberfläche des Datenvernichtungsprogramms „DBAN“ dastellt. Aus dem Gehäuse führen Strom- und Datenkabel zu sechs 2,5"-Festplatten, die sich außerhalb des Gehäuses in einem 3D-gedruckten Ständer befinden.
Sechs Festplatten parallel löschen.

Braucht ihr Geräte?

Ja! Wir brauchen immer vor allem Laptops und SSDs. Bei Desktops und Monitoren kommt es auf den jeweiligen Standort und die Lagersituation an.

Drei offene Kartonschachteln. In jeder Schachtel befinden sich mehr als ein Dutzend Geräte.
Unsere erste größere Laptop-Spende letztes Jahr (ca. 40 Stück).

Klingt interessant!

Lust bekommen vielleicht mitzumachen, oder einfach ein bisschen mehr zu erfahren? Schau einfach mal bei unserem monatlichen offenen Treffen (online) vorbei. Jeden zweiten Mittwoch im Monat. Außerdem kannst du uns auf Mastodon folgen:

Ursprünglich veröffentlicht im Blog Joe recycelt.

Erstes Treffen des Münchner Standortes im Real Life

Logo der „Computertruhe München“

Nachdem sich der Standort in München im Mai dieses Jahres gegründet, und sogleich die Arbeit aufgenommen hat, haben Teamtreffen bisher nur online stattgefunden. Ende Oktober gab es dann die erste persönliche Zusammenkunft mit mehreren Mitgliedern aus dem Raum München im Munich Maker Lab – nach eigenen Angaben „Munich’s freshest makerspace“. 😄

Zuvor hatten sich zwar einzelne Mitglieder bereits zur Spendenabholung, -ausgabe oder Ähnlichem getroffen, nun aber zum ersten mal zu einer Teambesprechung in Präsenz. Dabei wurden selbstverständlich die notwendigen Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie eingehalten.

Neben dem offiziellen Teil, bei dem Themen der Vereinsarbeit besprochen wurden, konnten sich die Mitglieder zudem besser kennenlernen.

Fünf unserer Mitglieder stehen im Hof des „Munich Maker Labs“. Vier Personen halten dabei Laptops in die Höhe, auf denen das „Computertruhe“-Logo des Münchner Standortes und die Zeichenketten „Mü“, „nch“ und „en“ zu sehen sind. Die fünfte Personen hält zwei Vereinsfaltblätter in die Kamera.
Ein Teil der aktiven Mitglieder des Münchner Teams.